Abrenuntiatio Saxonica - Das altsächsische Taufgelöbnis

Das Taufgelöbnis bildet den ältesten überlieferten Text mit altsächsischen Sprachformen. Die Handschrift, in der er enthalten ist, wurde am Ende des 8. Jahrhunderts geschrieben. Allerdings haben wir hier kein reines Altsächsisch vor uns, denn der Text enthält zum einen althochdeutsche Formen (z.B. "forsâchistû" statt "farsakis thu") und zum anderen altenglische Bestandteile.(1)

Das Taufgelöbnis ist zum Gebrauch für die Priester geschrieben. Es enthält die Fragen, die der Priester bei der Taufe dem Täufling stellt und gleichzeitig die Antworten, die dieser zu geben hat. Die Täuflinge mussten sich dem christlichen Gott anvertrauen und unterwerfen.

Taufgelöbnisses Teil1
Abb.1 Abschrift des Taufgelöbnisses, (in der Abschrift linke Seite unten)
Taufgelöbnisses Teil 2
Abb.2 Abschrift des Taufgelöbnisses, (in der Abschrift rechte Seite oben)

Hier der Text in Klarschrift:

Forsâchistû Diobolae?
et respondeat: ec forsacho Diabolae.
end allum diobolgeldae?
respondeat: end ec forsacho allum diobolgeldae.
end allum dioboles uuercum?
respondeat: end ec forsacho allum dioboles uuercum and uuordum, Thunaer end Uuoden ende Saxnôte ende allum thêm unholdum the hira genôtas sint.
Gelôbistû in Got alamehtigan fadaer?
ec gelôbo in Got alamehtigan fadaer.
Gelôbistû in Crist Godes suno?
ec gelôbo in Crist Gotes suno.
Gelôbistû in hâlogan Gâst?
ec gelôbo in hâlogan Gâst.

Das kann wie folgt übersetzt werden:

Entsagst du dem Teufel?
Ich entsage dem Teufel.
Und aller Teufelsgilde?
Und ich entsage aller Teufelsgilde.
Und allen Teufelswerken?
Und ich entsage allen Teufels Werken und Worten, Thunaer und Woden und Saxnote, und allen den Unholden die ihre Genossen sind.
Glaubst du an Gott allmächtigen Vater?
Ich glaube an Gott allmächtigen Vater.
Glaubst du an Christ Gottes Sohn?
Ich glaube an Christ Gottes Sohn.
Glaubst du an den heiligen Geist?
Ich glaube an den heiligen Geist.

Die Antworten, die der Neubekehrte zu geben hatte, mussten ihm erst vorher beigebracht werden. Ein Religionswechsel war eine bewusste Rechtshandlung. Deswegen musste der Täufling genau wissen, welchem Gott er sich nun anvertrauen sollte und was er künftig zu tun und zu unterlassen hatte.

Anmerkungen:
(1)Springer, Matthias - Die Sachsen, 2004, (Seite 155)

Literatur- und Quellenangabe:
Springer, Matthias - Die Sachsen, 2004

Bildquellen:
Abb.1 und 2: Canonum Collectio Dionysiana, Hersfeld oder Fulda, um 800; Orig.:Vatikanische Bibliothek, Rom, Codex Palatinus Latinus 577, Foliant 6v-7r/ Foto: Scotelingo