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Speicher und Vorratsgebäude

Der Rutenberg

Rutenberg in Greven
Abb.1 Der Rutenberg auf dem Sachsenhof in Greven

Rutenberge sind von vielen frühmittelalterlichen Siedlungsplätzen bekannt. Ein Rutenberg ist ein nach allen Seiten offener Erntespeicher.

Der Name weist einerseits auf die Konstruktion aus Holzstämmen (Ruten) und andererseits auf die Funktion noch nicht gedroschene Getreidevorräte und andere Feldfrüchte, aber vor allen Dingen wohl Heu zu bergen hin. Der Rekonstruktion des Rutenberges auf dem Sachsenhof in Greven liegt der Ausgrabungsbefund von Telgte-Wöste zugrunde. Der Rutenberg besteht aus einer polygonalen Anordnung von sechs kräftigen Pfosten. Diese weisen eine senkrechte Reihe von Durchbohrungen auf, in die tragfähige Holzbolzen geschoben werden können, auf denen das kegelförmige Dach ruht. Durch Umstecken der Bolzen in höhere oder niedrigere Löcher kann das Dach hinauf oder hinab befördert werden, so daß es sich immer direkt über dem Erntegut befindet.

Zeichnung aus dem Oldenburger Sachsenspiegel
Abb.2 Zeichnung aus dem Oldenburger Sachsenspiegel

Die Ernte ist so optimal vor Wind und Wetter geschützt. Da das Bewegen des Daches in sächsischer Zeit mit Muskelkraft erfolgen mußte, ist anzunehmen, daß es nicht wie die Stützpfosten aus Eichenholz, sondern aus leichteren Holzarten, wie bei dem Beispiel auf dem Sachsenhof aus Kiefernholz konstruiert war. Auf dem Mittelpfosten liegt der Bodenrost aus parallel ausgerichteten, dünnen Holzstämmen auf. Auf diese Weise war das Erntegut einerseits vor Bodenfeuchtigkeit geschützt und wurde andererseits gut durchlüftet.

Die Vorratsgrube

Jungbronze–früheisenzeitlichen Vorratsgrube
Abb.3 Rekonstruktion einer jungbronze–früheisenzeitlichen Vorratsgrube für Getreide

Vorratsgruben sind bereits seit der Jungbronze- und der Eisenzeit belegt. Der Nachweis der Vorratshaltung für Getreide wurde bei Ausgrabungen einer vorgeschichtlichen Siedlung in Rullstorf (LK Lüneburg) erbracht. Bei einer Brandkatastrophe sind hier offensichtlich einige vorgeschichtliche Häuser abgebrannt. Der Grubeninhalt einer nahegelegenen Grube verbrannte mit. Bei den verkohlten Rückständen dieser Grube handelte es sich um fast reinen Saathafer. (Nach Radiokarbonuntersuchung datiert auf 1000 v. Chr.) Hatte man solche Gruben bislang als Abfallgruben bezeichnet, so können sie nun als unterirdische Getreidesilos angesehen werden. (1)

Bei diesen Vorratsgruben handelt es sich um kreisrunde Gruben mit einem Durchmesser von etwa einem Meter und einer Tiefe von bis 1, 40 m. Sie haben senkrechte Seitenwände und einen flachen Boden. Die Wände waren durch einen Lehmverstrich und/oder einem Rutenflechtwerk verstärkt, um ein Zusammenbrechen zu verhindern, bzw. den Vorrat gegen bodenbewohnendes Ungeziefer zu schützen. Nach dem Befüllen mit Getreide wurden diese Gruben mit Lehm oder Erde luftdicht verschlossen. So konnte der Vorrat über einen längeren Zeitraum haltbar gelagert werden. Vermutlich brauchten solche Erdspeicher auch einen guten Regenschutz. Nach Beobachtungen während der Ausgrabung in Rullstorf hätte bereits eine etwa ein Meter über den Grubenrand ragende Abdeckung ausreichend Schutz geboten um das Getreide trocken zu lagern.

Vorratsgrube in Rullstorf.
Abb.4 Ergrabung einer Vorratsgrube in Rullstorf.

Auch im Frühmittelalter war die Vorratshaltung von Nahrungsmitteln und Saatgut ein wichtiger Gesichtspunkt der Landwirtschaft. Neben den Pfostenspeichern sind auch hier immer wieder Erdspeicher verwendet worden, die in Konstruktion und Abdeckung der bronzezeitlichen Vorratsgruben ähnelten. Dieses lassen archäologische Beschreibungen erkennen. Die Größe der Gruben, wie auch die Form war jedoch in vielen Fällen unterschiedlich. Mal waren sie Trichterförmig, mal zylindrisch oder auch rechteckig. Die Tiefe lag zwischen 0,8 m und 2,10 m. Der Durchmeser konnte bis zu drei Metern betragen, so das man hier schon von Erdkellern sprechen kann. Belegt sind sie bis in das 12. Jahrhundert.

Der Pfostenspeicher

Pfostenspeicher im Frühmittelalter
Abb.5 So könnte ein Pfostenspeicher im Frühmittelalter ausgesehen haben.

Häufiger als die Vorratsgruben sind sogenannte Pfostenspeicher oder auch Pfahlspeicher verwendet worden. Der Grundriss eines Pfostenspeichers ist quadratisch bis rechteckig mit einer Grundfläche von 2-13,5 m2, wobei die meisten zwischen 8 und 10 m2 groß sind. Die rechteckigen Speicher waren mit der Längsseite dem Wind zugewandt, damit eine optimale Durchlüftung der Vorräte gewährleistet war. Das aufbewahrte Gut konnte bodenfern gelagert werden, um einen gewissen Schutz vor Nässe und Schädlingen zu gewährleisten. Neben Heu und Getreide sind hier vermutlich auch Felle gespeichert worden.

Die Sache mit dem Mäusestein: Regionale moderne Speicher, wie auch süddeutsche Speicher mit ähnlicher Bauart benutzen überkragende flache Steine als Schutz vor Nagetierbefall. Diese Steine befinden sich auf den oberen Pfosten auf die dann der eigentliche Speicher aufgesetzt wird. Mäuse oder Ratten können dieses Hindernis nicht überwinden. Leider ist uns hier lediglich ein Fund aus der RKZ aus Flögeln bekannt, von dem man vermutet, dass es sich um einen solchen Stein handelt.

Literatur- und Quellenangabe:
Armbruester, Tanja - Haus, Hof und Dorf im Frühmittelalter in den Gebieten nördlich der Mittelgebirge
Ellermann, Nicole und Eggenstein, Georg - Der Sachsenhof in Greven, Schriftenreihe des Heimatvereins Greven, 2001
Gebers, Wilhelm - Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 1985
Steinmetz, Wolf- Dieter - Ostfalen im 8. Jahrhundert, Merowinger und Karolinger zwischen Harz und Heide, 1998

Bildquellen:
Abb.2: Oldenburger Sachsenspiegel
Abb.3 und 4: Gebers, Wilhelm - Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, 1985